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Bachrenaturierung

Unsere Fließgewässer wären im Naturzustand keine geometrisch gestreckten Kanäle, sondern in den meisten Fällen mäandrierende, d.h. sich stark windende, und vielfältig strukturierte Bäche und Flüsse, die sich von Hochwasser zu Hochwasser jährlich verändern. Allerdings hat in Mitteleuropa der Mensch die Fließgewässer gezähmt und dabei massiv verändert, so dass in Deutschland mittlerweile nur noch zwei Prozent von ihnen einen naturnahen Zustand aufweisen. Im Bachrenaturierungsprojekt hat der LEV Ostalbkreis zusammen mit der Wasserwirtschaft und den Kommunen seit 2005 an 14 Orten ca. 16 Kilometer solcher wilder Fließgewässerstrecken hergestellt. Dies geschah nach umfangreichen theoretischen und praktischen Recherchen und jeweils in starker Anlehnung an das potentielle natürliche Vorbild. Beispiele sind die Sechta bei Bopfingen, der Schlierbach bei Tannhausen, der Sixenbach bei Ellwangen-Schrezheim, der Glasbach bei Rosenberg oder die Ellenberger Rot bei Ellwangen-Hardt und bei Ellwangen-Röhlingen.

Nähere Informationen zu den Projekten finden Sie in der Dokumentation Bachrenaturierung (siehe Download).

Luftbild windender Krummbach, Nordseite Nagelfluhkette
So mäandrierend wie der Krummbach an der Nordseite der Nagelfluhkette würden die weitaus meisten unserer Fließgewässer im Ostalbkreis verlaufen.
Begradigter Sixenbach (links) und renaturierter Sixenbach (rechts) mit Auerochsenbeweidung
Begradigter Sixenbach (links) und renaturierter Sixenbach (rechts) mit Auerochsenbeweidung
Bachrenaturierung an der Sechta mit Totholz und Kies
Durch Einbringung von Totholz und Kies in den renaturierten Bach erhöht sich die Zahl der Fische und Kleintiere erheblich. Im Fall der Sechta hat sich der Fischbestand verdreifacht!
Bachrenaturierung an Rems und Sechta
Querprofil eines naturnahen Abschnitts der Rems (links), Querprofil der Sechta im Bauzustand (rechts oben) sowie nach 9 Monaten und einem Hochwasser, mit ausgebildetem Prall- und Gleithang (rechts unten).
Bachrenaturierung am Remswehr
Das 4 Meter hohe und über 15 Meter breite Remswehr bei Böbingen war im Jahr 2013 das erste Wehr in Baden-Württemberg, welches vollständig rückgebaut wurde. Durch die Reetablierung des natürlichen Fließgeschehens begann sich bereits nach dem ersten Hochwasser eine stets im Wandel befindliche Wildnis aus Kiesbänken zu bilden (rechts unten), auf denen sich seither nicht nur die Wasseramsel tummelt.
Charakterisierend für die LEV-Renaturierungen sind
  • der so naturnah wie möglich gestaltete dynamisch mäandrierende Verlauf,
  • die Anhebung der Gewässersohle und damit auch des Grundwassers um 0,5 m bis 1 m,
  • die jährlich ein bis mehrmalige Ausuferung des Gewässers mit Überflutung seiner Aue und Reetablierung der Auenökologie,
  • die eigendynamische und fortwährende Entwicklung von natürlich steilen Uferböschungen durch Vorgabe eines Kastenprofils,
  • die Einbringung von kiesigem Sohlsubstrat und Totholz für eine vielfältige organismische Besiedlung.
Ergebnisse aus einem fünfjährigen Monitoring haben aufgezeigt, dass sich in den Renaturierungsstrecken rasch eine hohe Arten- und Individuenvielfalt einstellt. Die LEV-Renaturierungen wurden so zu einem großen und vor allem auch dauerhaften Erfolg, da eine künftige Unterhaltungspflege am Gewässer nahezu vollständig unterbleiben kann bzw. sich auf die naturschutzkonforme extensive Nutzung des Grünlands in der Aue beschränkt. Nicht zuletzt stellen die Renaturierungsstrecken perfekte Biotopverbundstrukturen in der Landschaft dar.

Die Kosten für die Renaturierungen lagen im Durchschnitt bei 30 Euro pro Meter Bach. Dieser Wert wird von den leider nach wie vor häufig anzutreffenden, nicht nach Natürlichkeitskriterien geplanten Umgestaltungsmaßnahmen meist um den Faktor 5 bis 10 übertroffen.

Ein weiterer Bereich der LEV-Renaturierungen an Fließgewässern ist der vollständige Rückbau von Wehren. So waren wir mit dem Remswehr bei Schwäbisch Gmünd-Zimmern im Jahr 2013 die Ersten in Baden-Württemberg, die ein Wehr vollständig rückgebaut haben. Mittlerweile konnten wir bereits vier Wehre an Rems, Lein und Jagst ersatzlos beseitigen und an diesen Stellen die natürliche Fließgewässerdynamik wieder in Gang setzen, zum Segen der Biodiversität!